Elektrische Sicherheit im Aquarium

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,

    heute möchte ich mal Euren Blick auf die elektrische Sicherheit im und am Aquarium lenken.

    Das von elektrischer Spannung eine gewisse Gefahr für Leib und Leben ausgeht weiß wohl jeder. Doch wie gefährlich ist das wirklich, wo lauern versteckte Gefahren und wie kann man sich davor schützen? Und was hat das Ganze mit der Gesundheit und dem Wohlbefinden unserer Tiere zu tun?

    Ich bin gelernter Energieelektroniker, kenne mich also mit Elektrik und Elektronik recht gut aus. Fachbegriffe versuche ich möglichst zu vermeiden oder zu erklären - falls doch etwas unklar ist gerne melden!

    Welche Gefahren gehen von elektrischer Spannung im Aquarium aus?

    Manch einer kennt es: Seeigel knabbern am isolierenden Kabel der Strömungspumpe und schon liegen die stromführenden Kupferdrähte frei.

    Bei einer elektronisch regelbaren DC-Pumpe liegt diese Spannung meist bei 24 Volt und somit im Bereich der sog. Schutzkleinspannung: Die Spannung ist so gering, das die bloße Berührung keine Gefahr für Leib und Leben darstellt (Gleichspannung DC: 120V, Wechselspannung AC: 50V). Hier entsteht die Gefahr also eher durch ins Wasser kommende Kupfer, was schlecht für die Gesundheit der Korallen ist.

    Bis vor wenigen Jahren waren noch keine DC-Pumpen erhältlich und auch heute noch werden viele Wechselstrom-Pumpen verkauft. Hier liegen 230V Wechselspannung direkt an der Pumpe an - und im Falle eines Defekts frei im Wasser.

    Aber auch ein Heizer wird mit 230V direkt betrieben und kann bei Defekt die Spannung ans Wasser abgeben.

    Jeder kennt das Thema "Föhn und Badewanne": Einen Haarföhn soll man tunlichst nur außerhalb der Badewanne verwenden, da dieser im Falle des Fallenlassens einen tödlichen Stromschlag verursachen kann.

    Dies kann auch geschehen, wenn man in ein Aquarium mit defekter Pumpe greift.

    Dann löst aber doch die Sicherung aus!

    In jeder Wohnung und jedem Haus gibt es einen oder mehrere Sicherungskästen mit (idealerweise) einer Sicherung pro Stromkreis. Gerade in Altbauten hat man früher aber oftmals nur einen oder zwei Stromkreise pro Wohnung - meist einmal für den E-Herd in der Küche und einmal für den Rest.

    Eine Sicherung - oder auch "Überstromschutzeinrichtung" genannt - löst aus, wenn der spezifizierte Strom überschritten wird. Das sind meistens 16-25 Ampere. Und 16 Ampere sind schon eine richtige Hausnummer! Ein direkter Kurzschluß von 230V bei 16A "knallt" schon richtig ordentlich. Da schmilzt Metall.

    Da viele Geräte wie z.B. Förderpumpen beim Einschalten für einen Sekundenbruchteil einen sehr hohen "Anlaufstrom" haben lösen Sicherungen oftmals erst aus, wenn der Nennstrom für mehrere Millisekunden überschritten wird.

    Stell Dir vor, Du befindest Dich für einige Millisekunden in einem Stromkreis, der sogar Metall schmelzen kann. Da sind diese wenigen Millisekunden unter Umständen schon tödlich.

    Wie kann ich mich dann schützen?

    Der beste Schutz ist erst mal der technisch einwandfreie Zustand aller Komponenten. Prüfe daher regelmäßig sämtliche elektrischen Kabel und Pumpen auf Beschädigungen und wechsle beschädigte Teile umgehend aus!

    Mit einem sog. "Fehlerstromschutzschalter", auch "FI-Schalter" oder "RCD" genannt.

    Dieser wird im Sicherungskasten neben der Sicherung montiert und vergleicht ständig den rein- und raus gehenden Strom. Wenn nun eine Pumpe im Aquarium defekt ist fließt ein Teil des Stroms nicht über die Steckdose sondern über die Erde ab. Wird eine Differenz von wenigen Milliampere (meistens 30mA, bei Badezimmern 10mA) zwischen Stromleitung und Erde erkannt, löst dieser analog zu einer Sicherung aus und unterbricht den Stromkreis.

    Ich habe keinen FI-Schalter im Sicherungskasten, kann man die nachrüsten?

    Das kommt ganz drauf an. In Altbauten hat man aus Kostengründen oftmals eine sog. "klassische Nullung" verbaut, heißt es gibt in den Wänden keine dritte Ader (PE, Erdung) und der Neutralleiter N ist in den Steckdosen zusätzlich auf den Erdungskontakt geklemmt. In diesem Fall ist es notwendig, die Wände aufzustemmen und moderne drei- oder fünfadrige Leitungen zu verlegen. Sollten aber bereits neben L1 und N auch ein PE (gelb-grüne Ader) vorhanden sein, so ist die Nachrüstung des FI-Schalters problemlos möglich.

    Grundsätzlich kann ich jedem, auch ohne Aquarium, nur dazu raten die Elektroinstallation modernisieren zu lassen.

    Es gibt aber auch "mobile" FI-Schalter, die - vergleichbar mit einer Zeitschaltuhr oder Steckerleiste - zwischen Steckdose und Aquarium gesteckt werden und dann auch ohne moderne Elektroinstallation auslösen können.

    Mit FI-Schutzschalter kann mir nun nichts mehr passieren?

    Leider doch. Viele Geräte im und am Aquarium verfügen nur über einen zweipoligen Stecker (sog. Euro-Stecker) und nicht über einen dreipoligen Schutzkontakt-Stecker (Schuko-Stecker). Eine Erdung ist also nicht vorhanden und würde erst im Moment des "ins Aquarium fassen" entstehen. Das ist dann vielleicht nicht mehr tödlich, aber mindestens unangenehm. Für Personen mit Herzproblemen kann jedoch auch dies lebensbedrohlich sein.

    Manche Aquarianer statten Ihr Aquarium auch mit einer unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) aus, um mögliche Stromausfälle überbrücken zu können. Hier läuft die Spannungsversorgung bei Auslösen der Sicherung oder des FI weiter und der Aquarianer "zappelt" im schlimmsten Fall, bis entweder die Batterie leer ist oder er "gut gebräunt" ist.

    Noch schlimmer: Ist eine Pumpe hinter einer USV angeschlossen bekommt der FI-Schalter im Sicherungskasten gar nicht mit, das es ein Problem gibt und löst nicht aus.

    Wie kann ich mich am Besten schützen?

    Ganz einfach: Bevor Du ins Wasser fasst sämtliche Geräte ausstecken. Im Idealfall auch die Beleuchtung - diese könnte sich lösen und ins Wasser fallen.

    Sollten sich in Deinem Haushalt kleine Kinder befinden sorge bitte dafür, das die Kinder nicht ins Wasser fassen können (auch nicht im Technikbecken - Schloß am Unterschrank).

    Gibt es jenseits technischer Defekte Probleme/Gefahren durch elektrische Spannung?

    Ja.

    Bedingt durch die technische Funktionsweise von Pumpen (ein elektrisch erzeugtes Magnetfeld, welches den Magneten am Impeller der Pumpe in Drehung setzt) können Streuspannungen und Kriechströme im Wasser hervorgerufen werden. Gerade günstige Pumpen verursachen oftmals recht hohe Streuspannungen im Aquarium.

    Wie kann ich Streuspannungen messen?

    Nimm ein handelsübliches Voltmeter und verbinde das eine Messkabel mit der Erdung einer Steckdose, das andere halte einfach ins Wasser.

    So konnte ich schon Spannungen von knapp 90 Volt im Becken feststellen - diese sind aufgrund des sehr geringen Kriechstroms von wenigen Mikroampere jedoch keine Gesundheitsgefahr.

    Was bedeuten Streuspannungen und Kriechströme für die Tiere?

    Manche Tiere reagieren recht empfindlich auf Streuspannungen und Kriechströme. Diese können den Orientierungssinn stören oder allgemein für Unbehagen sorgen. Es gibt jedoch auch Tiere, denen Streuspannung gar nichts auszumachen zu scheint.

    Wie kann ich Streuspannungen und Kriechströme reduzieren? Wie kann ich eine Erdung bei zweipoligen Verbrauchern oder hinter einer USV herstellen?

    Es gibt im Fachhandel Elektroden aus rostfreiem Titan. Diese werden in die Steckdose (im Falle einer USV vor dieser) gesteckt, verfügen am Schuko-Stecker jedoch nur über eine Verbindung am Erdungsanschluss.

    Durch die Erdung werden Streuspannungen und Kriechströme zuverlässig abgeleitet. Und im Falle eines technischen Defekts an einem zweipoligen Verbraucher dient die Elektrode als Verbindung zur Erdung und bringt den FI-Schalter zum Auslösen.

    Was kostet eine Titan-Elektrode?

    Eine Titan-Elektrode kostet im Fachhandel ca. 15 Euro.

    Angesichts des Sicherheitsgewinns und der sonstigen Kosten eines Aquariums geradezu geschenkt.


    Ich habe mittlerweile in sämtlichen meiner Aquarien eine Titan-Elektrode installiert. Die kleine Investition fällt angesichts der sonstigen Betriebs- und Anschaffungskosten kaum ins Gewicht und erhöht dafür die Sicherheit der Aquarianer und das Wohlbefinden der Tiere.

    Ich hoffe, mit diesem kleinen Exkurs dem einen oder anderen von Euch eine sinnvolle Information gegeben zu haben. Bei Fragen gerne melden :)

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Deniz,

    danke für das Lob :)

    Eine pro Aquarium reicht völlig, da erst die Salze im Wasser dieses leitfähig machen (selbst in Leitungswasser sind genug Salze gelöst, um dieses leitfähig zu machen. Wenn Du jetzt ein Becken in Sealife-Größenordnung daheim hättest wäre evtl. mal eine zweite nötig, aber so was hat glaube ich niemand. Du kannst die Elektrode auch bequem im Technikbecken verstecken, durch die Verrohrung und den Wasserfluss in selbigen ist somit auch das Hauptbecken geerdet. Nur bei Pumpenausfall nicht mehr...

    Gib bei Google einfach mal "Vertex Ground Pole" ein, dann findest Du einige Händler. Es gibt aber auch Titan-Elektroden von anderen Herstellern, z.B. "Rid-Volt".

    • Offizieller Beitrag

    Mit FI-Schutzschalter kann mir nun nichts mehr passieren?

    Leider doch. Viele Geräte im und am Aquarium verfügen nur über einen zweipoligen Stecker (sog. Euro-Stecker) und nicht über einen dreipoligen Schutzkontakt-Stecker (Schuko-Stecker). Eine Erdung ist also nicht vorhanden und würde erst im Moment des "ins Aquarium fassen" entstehen. Das ist dann vielleicht nicht mehr tödlich, aber mindestens unangenehm. Für Personen mit Herzproblemen kann jedoch auch dies lebensbedrohlich sein.

    Manche Aquarianer statten Ihr Aquarium auch mit einer unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV) aus, um mögliche Stromausfälle überbrücken zu können. Hier läuft die Spannungsversorgung bei Auslösen der Sicherung oder des FI weiter und der Aquarianer "zappelt" im schlimmsten Fall, bis entweder die Batterie leer ist oder er "gut gebräunt" ist.

    Noch schlimmer: Ist eine Pumpe hinter einer USV angeschlossen bekommt der FI-Schalter im Sicherungskasten gar nicht mit, das es ein Problem gibt und löst nicht aus.

    Heute habe ich mir mit dem Thema selbst ein Bein gestellt.

    Obwohl mir das Thema ja durchaus bekannt war, hat mich die USV heute überlistet - zum Glück ist mir nichts passiert.

    Habe die Pumpe vom Wirbelbettfilter zwecks Reinigung am Controller auf "Futterpause" gestellt und am Beckenrand abgelegt. Die Reinigung des Filters hat etwas zu lange gedauert und auf einmal lief die Pumpe wieder an: Schön das Meerwasser hochgespritzt und genug davon hat sich über die gesamte Technik links vom Becken verteilt.

    Auf einmal war das Licht aus und die USV hat gepiepst. Die Pumpe lief dank USV natürlich weiter, so auch alle anderen Verbraucher an der USV... irgendwo aus den Geräten kam lautes Zischen und Knacken und es hat gestunken wie auf einer schlechten Grillparty...

    Bis ich die USV abgeschaltet hatte und mich dann der (nun zum Glück spannungsfreien) Wasserlache am Boden nähern konnte hat es gefühlt ewig gedauert. Wäre das Wasser etwas anders gespritzt hätte ich die Bedienteile der USV gar nicht mehr erreichen können, ohne einen Stromschlag zu riskieren.

    Kaputt scheint von den wichtigen Teilen zum Glück nichts zu sein - die Pumpen laufen alle noch und das Licht geht auch. Der Profilux trocknet noch, da dürfte aber dank 12V nicht soo viel passiert sein...

    Also Glück im Unglück und Hauptsache mir ist nix passiert.

    Jetzt wird wohl ein RCD-Zwischenstecker hinter der USV Einzug halten...